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Harz & Beats


Für ein paar entspannte Tage zog es mich in den herbstlichen Harz. Doch neben viel Ruhe und Natur verfolgten mich auch dumpf wummernde Technobeats bis tief hinein in die Wildnis. Wie es dazu kam und welch anderen sonderbaren Gegebenheiten mir im höchsten Mittelgebirge Norddeutschlands widerfuhren, dass lest Ihr in meinem neuesten Blogeintrag.

Nur mit dem aller notwendigsten an Ausrüstung und mit dem Wunsch, autark zwei Tage und Nächte draußen in der Natur zu verbringen, machte ich mich am Freitagnachmittag auf den Weg gen Norden. Am frühen Abend erreichte ich Herzberg am Harz. Eilig stockte ich noch meine selbst mitgebrachten Lebensmittel mit etwas frischen Käse, Bier und Wurst auf. Noch vor Einbruch der Dunkelheit wollte ich mir ein gemütliches Plätzchen im Wald suchen, was mir dann zum Glück auch gelang. Irgendwo auf einer Anhöhe gut 600 m ü. NN fand ich dann endlich eine passende Stelle für mein Nachtlager. Flink baute ich mein kleines Zelt auf und dann sorgte ich für mein leibliches Wohl. Gut genährt verkrümelte ich mich in meinen lauschig warmen Schlafsack und bemerkte wie unfassbar ruhig es doch im Wald war. Das Herabfallen eines Blattes auf den Waldboden wäre gewiss eine Ruhestörung gewesen. So schlummerte ich dann selig und gut geschützt unter ein paar hohen Fichten ein.

Die Nacht wurde erstaunlich frisch. Am nächsten Morgen zeigte das Thermometer vom Auto stellenweise nur 0° C und an einigen Stellen gab es sogar schon leichten Frost. Ein wunderschöner Sonnenaufgang beim Frühstück ließ bereits erahnen, dass trotz des kühlen Starts mir das Wetter noch einmal einen sonnigen Oktobertag bescheren wird. Mein erstes Ziel sollte eigentlich die Einhornhöhle bei Scharzfeld sein. Doch ich war viel zu früh! Erst um 11 Uhr sollte die Höhle öffnen. So drehte ich zzum Zeitvertreib zunächst eine entspannte Runde durch die sogenannten Harzer Dolomiten.

Trotzdem wollte die Zeit bis elf nicht so recht vergehen und so entschloss ich spontan meinen Trip Richtung Odertalsperre fortzuführen. Wie viele andere Stauseen, so litt auch dieser See unter der enormen Trockenheit des vergangenen Sommers und führte kaum noch Wasser. Doch diesen Umstand nutzte ich und wanderte etwas entlang der ausgetrockneten Uferböschung, bis ich dann Mittags einen schönen Platz fand, um meine Suppe auf dem Hobo-Kocher zu erhitzen. Ich genoss den herrlichen Ausblick und die wärmende Sonne. Wie so oft, so sollte sich auch die Phrase mal wieder bewahrheiten: Überall wo es Sonne gibt, gibt es auch Schatten. Die Schattenseite der Medaille war, der goldene Oktobertag lockte ganze Scharen von Motorradfahrern an, die in lebensmüden Überholmanövern über die kurvigen Straßen des Harzes jagten, als wäre Luzifer hinter ihnen persönlich her. Hinzu kamen noch haufenweise Herren in der "midlife crises", die mit ihren aufgemotzten Sportcabrios anscheinend den Damen mit Trekkingstöcken am Straßenrand imponieren wollten. Ein grausiges Spektakel!

Am Nachmittag zog ich weiter nach Braunlage. Dort angekommen musste ich mit Erschrecken feststellen, dass sich auf dem benachbarten Wurmberg (971 m ü. NN) gefühlte 10.000 Menschen tummelten. Ruhe und Entspannung sieht anders aus. Also fuhr ich weiter zur Rappbodetalsperre, um mir dort die gigantische Hängebrücke, die Titan RT (483 m lang!), über den Stausee anzusehen. Jedoch musste ich auch dort angekommen feststellen, dass sich unzählige Touristen wie ein Lindwurm in Richtung der Brücke hinschoben. Wieder machte ich kehrt und endlich fand ich dann etwas später wieder die schönen ruhigen Plätzchen, die ich fast für mich alleine hatte. Zum Beispiel das Hochwasser-Schutzbecken Kalte Bode in der Nähe von Königshütte/Harz, dass durch seine malerische Uferzone zum Verweilen einlud.

Immer wieder entdeckte ich kleine verträumte Ortschaften, die etwas ab von den stark befahrenen Straßen zu finden sind. Manchmal wirkten diese, als wäre dort die Zeit vor ca. 30 - 40 Jahren stehen geblieben. Kaum zu glauben, dass ich diese Ortschaften noch vor gut 30 Jahren zu Zeiten der DDR hätte kaum besuchen können. Immer wieder fand ich große Anwesen, die dem schleichenden Zerfall nicht mehr lange trotzen werden. Wer mag da wohl einst gelebt und gearbeitet haben? Es ist ein wenig wie eine Reise zurück in die Vergangenheit der einstigen Deutschen Demokratischen Republik.

Am Nachmittag gönnte ich mir dann noch den überwältigenden Blick von der Rosstrappe bei Thale hinunter in das wilde Bodetal, dass nicht zu Unrecht zu den schönsten Täler des Harzes zählt. Zu meinem Erstaunen hielt sich hier der Andrang von Touristen in Grenzen und so konnte ich den fantastischen Ausblick über die zerklüftete Schlucht ausgiebig genießen.

Krönender Abschluss des Tages sollte noch ein Abstecher an der sagenhaften Teufelsmauer im Harzvorland sein. Eine Felsformation aus harten Sandstein, die sich insgesamt über 20 Kilometer wie ein Band von Blankenburg bis Ballenstedt zieht. Viele Sagen und Mythen ranken sich um diese geologische Besonderheit. Grund genug für mich, mir diese Felsen mal aus der Nähe anzusehen. In der Nähe von Timmenrode wanderte ich entlang des Teufelsmauer Kammweges und gelangte dann nach einiger Zeit an das Hamburger Wappen, einer schroffen Felswand, die mit drei Zinnen in die Höhe ragt. Die langsam untergehende Sonne sorgte für unzählige malerische Fotomotive und ich wusste zum Teil gar nicht mehr wohin mit meiner Begeisterung. Was für ein magischer Ort!

Die Felsformation Hamburger Wappen bei Timmenrod ist ein wahrlich fotogener Ort. Hier kann man sich stundenlang aufhalten und findet unbegrenzt viele Fotomotive. Kein Wunder, dass selbst Johann Wolfgang von Goethe, angetan von der Geologie, im Jahr 1784 die sagenumwobene Sandsteinwand besuchte.

Die Felsen bei Timmenrod im Abendlicht der untergehenden Sonne. Was für ein Glücksmoment, dieses Schauspiel mit den eigenen Augen live miterleben zu dürfen.

Das beeindruckende Farbenspiel im rötlichen Licht der Abendsonne zog mich in seinen Bann. Die Felsen sind selbst für nicht sehr Geübte gut zu beklettern. Viele Aufstieghilfen im Fels erleichtern das Klettern. Man sollte sich tatsächlich diese Option auf keinen Fall entgehen lassen und sich die kleine abenteuerliche Kletterpartie gönnen. Der Lohn: Ein grandioser Blick vom Felsen hinunter ins weit öffnende Tal in Richtung Quedlinburg.

Um meinem Plan für den Sonntag umzusetzen, suchte ich mir in der Nähe von Thale ein schönes Plätzchen für mein Nachtlager. Dieses fand ich dann ein paar Kilometer abseits am Rande eines Waldes. Noch immer geflutet von den überragenden Erlebnissen des Tages baute ich mein Zelt auf und beendete den Samstag in idyllischer Ruhe. Ich war gerade im Begriff des Einschlafens, als mich wummernde Bässe von lauter Technomusik in meinem Zelt hochschrecken ließen. Was zum Teufel war da los - eine Disco mitten im Wald? Doch die Quelle von diesem höllischen Radau lag erstaunlicherweise gut 3 - 4 Kilometer entfernt in einem benachbarten Dorf, wo anscheinend ein Fest von Schwerhörigen stattfand. Es war zu spät und ich zu müde zum Umziehen. Also griff ich notgedrungen zu einer Notmaßnahme....Ohropax im Wald! Was für eine groteske Situation! Statt Ruhe und Frieden im Wald zu finden, schallten lärmende Technobeats durch den Wald. Was wohl die Waldbewohner über den ungewöhnlichen Lärm dachten? Glücklicherweise übermannte mich die Müdigkeit, so dass ich nur mit einem Stopfen im Ohr einschlief.

Die zweite Nacht verlief trotz des lärmenden Starts zu Beginn unauffällig und ich wurde am nächsten Morgen durch eine herabfallende Eichel auf die Zeltplane geweckt. Nach einem stärkenden Frühstück und einem frischen Kaffee, ging es nochmal zu einem anderen Teilstück der Teufelsmauer bei Weddersleben. Auch dieser Abschnitt ist sehenswert und verdeutlicht einem recht eindrucksvoll woher die Felsen ihren Namen haben. Je nach Perspektive und Lichtverhältnis sehen die steinernen Säulen schon ziemlich bedrohlich aus. Anschließend steuerte ich ein weiteres Mal das Bodetal bei Thale an. Dieses Mal wollte ich mir das Tal allerdings nicht wieder aus der Vogelperspektive ansehen, sondern von der Talseite her. Bereits nach wenigen Metern eröffnete sich der Blick hinauf zum gut 450 m höher gelegenen Felsmassiv des Hexentanzplatzes. Durch die Schlucht rauscht die Bode und stürzt sich über kleine Kaskaden weiter talwärts.

Man kann sich ungefähr vorstellen welche unbändigen Kräfte hier zugegen sind, wenn sich das Wasser von der Schneeschmelze seinen Weg hinunter ins Tal bahnt. Der Wanderweg ist flankiert von mächtigen Felswänden und so ganz ungefährlich scheint das Begehen der Pfade auch nicht zu sein. Denn überall warnen Schilder vor herabfallenden Gesteinsbrocken und an einigen Stellen kann man auch sehen, dass dort schon einmal ein Steinschlag stattfand. So ist es nicht verwunderlich, dass entlang des Weges ein Fahrzeug der Bergrettung in Bereitschaft steht. Doch lange macht man sich über solche Szenarien keine Gedanken. Zu beeindruckend ist die schroffe Schönheit dieser Schlucht, die einem ständig in Atem hält. Am frühen Nachmittag machte ich mich dann wieder langsam auf dem Weg in Richtung Heimat. Während der Nachhausefahrt erfreute ich mich noch an den tollen Erlebnissen und ich stellte zudem fest, dass ich für die gesamte Zeit inkl. Diesel für das Auto nicht mehr als 50,- EUR ausgegeben hatte. Noch ein Grund mehr zur Freude. Extrem viel Spaß für verdammt wenig Geld - was will man mehr?

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