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Der leise Abschied der Fichte?


Der extrem trockene und warme Sommer 2018 hat unübersehbare Spuren in unseren Wäldern hinterlassen. Unter diesen außergewöhnlichen Witterungsbedingungen hat ein heimischer Nadelbaum besonders zu leiden. Die gemeine Fichte oder Rotfichte (picea abies). Sollte sich so eine lange Trockenphase mit warmen Temperaturen in diesem Jahr wiederholen, dann könnte sich dass Bild unserer Wälder recht bald stark verändern. Eine kurze Bilanz der aktuellen Situation.

Die Baumschäden (abgestorbene braune Fichten) sind nicht zu übersehen

 

Durch den extrem trockenen Sommer 2018 sind rund 20-30 Prozent aller Fichten im Landkreis faktisch tot!

 

Je nach dem in welcher Gegend man lebt, ist der Anteil der Fichte in unseren Wälder entweder dominierend oder verhältnismäßig ausgeglichen. Besonders aber im benachbarten Hochsauerlandkreis (NRW), gibt ganze Fichtenwälder. Dort wären die Veränderungen bei weiteren langen Trockenperioden besonders dramatisch. Je nach Niederschlagsverteilung fallen die Schäden unterschiedlich aus. Mit meinen eigenen Augen und durch Gespräche mit Angestellten aus den Forstbetrieben, konnte ich mich davon überzeugen, dass nach dem Sommer 2018 rund 20-30% aller Fichten faktisch tot sind. Dürre, Hitze und der Borkenkäfer machen den Fichten den Garaus. Normalerweise kann sich die Fichte bei Borkenkäferbefall mit verstärkter Harzbildung recht gut selbst helfen. Doch für die verstärkte Harzproduktion benötigt der Baum reichlich Wasser, was aber bereits im Frühsommer kaum noch in den ausgetrockneten Waldböden vorhanden war. Ein weiterer Nebeneffekt ist, dass bei stärkerer Harzbildung, die Waldbrandgefahr steigt, denn Harz ist ein guter Brandbeschleuniger!

Diese Fichtenstämme sind bereits stark vom Borkenkäfer gezeichnet (bei Fichten handelt es sich um den Fichtenborkenkäfer/Kupferstecher) und die Borke der betroffenen Bäume fällt ab bzw. lässt sich einfach lösen.

Deutlich sichtbare Larvengänge des Fichtenborkenkäfers im Bastgewebe des Baumes. Das Bastgewebe ist die lebenswichtige Lebensader für die Fichte. Wird diese Beschädigt, führt dass häufig zum Absterben des Baumes.

 

Monokulturen sind anfälliger für Krankheiten und Wetterereignisse!

 

Obwohl die Fichte in den letzten Jahren um ca. 35% im Bestand rückläufig ist, zählt sie trotzdem nach wie vor mit einem Anteil von gut 25% zu der häufigsten Baumart in unserem Land. Von Natur aus gehört die Fichte eigentlich gar nicht in unser eher hügliges Landschaftsbild. Eigentlich fühlt sie sich erst in den Hochlagen von Mittelgebirgen oder in den Alpen so richtig wohl. Jedoch machte der schnelle Wachstum der Fichte sie für viele Waldbesitzer und Forstbetriebe interessant. So kam es, dass sie besonders im vergangenen Jahrhundert flächendeckend in ertragreichen Monokulturen gepflanzt wurde. Das diese aus wirtschaftlichen Gründen bevorzugte Waldform aber sehr Anfällig für Krankheiten oder Wetterereignissen ist, zeigte in jüngerer Vergangenheit der Orkan Kyrill im Januar 2007. Die Schäden durch den Sturm in den Monokulturwäldern waren katastrophal. Diese Art der Waldwirtschaft zeigt in aller Deutlichkeit, dass sie dringend durch naturnahe Waldstrukturen reformiert werden muss!

Keine Lärchen im Spätherbst, sondern absterbende Fichten in einem Wald. Fichten verfügen über ein flaches Wurzelsystem und sind daher schneller durch Windwurf gefährdet sowie anfälliger bei Wassermangel. Die Schäden durch die anhaltende Dürre sind recht einfach zu erkennen. Zunächst verfärben sich die Nadeln braun. Nach und nach fallen diese dann ab im Laufe des Jahres ab. Im letzten Sommer konnte man es unter Fichten regelrecht rieseln hören. In dieser ohnehin schon geschwächten Phase hat der Borkenkäfer leichtes Spiel. Bereits ein Weibchen reicht aus, um bei günstigen Witterungsverhältnissen wie in 2018 gut 100.000 Nachkommen in 2-3 Generationen in einem Jahr zu produzieren.

 

Ein Borkenkäferweibchen kann bis zu 100.000 Nachkommen produzieren!

 

Die Konsequenz in den wirtschaftlich genutzten Waldflächen mit hohen Fichtenbeständen ist nun, dass die Holzernte gezwungenermaßen deutlich zunimmt und sich die Holzpreise quasi im freien Fall befinden. Der Holzmarkt wird im Moment geradezu mit billigen Fichtenholz geflutet. Ein weiteres Problem ist, dass in den vom Borkenkäfern stark geschädigten Fichtenbeständen die Forstbetriebe auch Pestizide (darunter auch Cypermethin/Cyberkill Forst) als sogenannte Polterspritzung einsetzen, um eine weitere Vermehrung der Borkenkäfer zu verhindern. Dieses Pestizid hat die Bienengefährdungsstufe B1 (bienengefährlich). Die Einstufungen der eingesetzten Pestizide gehen von B1 bis B4 (B4 = nicht bienengefährlich). Viele Waldbesitzer machen sich natürlich auch Gedanken um die Wiederaufforstung der betroffenen Flächen Ein möglicher Kandidat wäre die ebenfalls schnellwachsende Douglasie, ein Nadelbaum aus Nordamerika, der mit Trockenheit besser zurecht kommt und nicht so borkenkäferanfällig ist wie unsere Fichte. Sollte es jedoch weiterhin solche trockenen Jahre in Folge geben, haben auch diese Jungpflanzen kaum eine Chance. Einige Waldbesitzer denken da zum Glück etwas nachhaltiger und sehen die Lösung in anderen Baumarten, wie zum Beispiel Rot- und Stieleichen sowie Esskastanien.

 

Hat die Borkenkäferplage auch etwas Gutes?

 

Fazit: Die Probleme, die wir derzeit in unseren wirtschaftlich stark genutzten Monokulturen mit schnell wachsenden Baumarten erleben, sind in erster Linie von Menschenhand gemacht! Daher ist besonders der starke Borkenkäferbefall in den Fichtenbeständen sicherlich auffällig, aber er kann auch zu einem positiven Umdenken in der zukünftigen Waldnutzung hinwirken. Kluge Waldbesitzer sehen diese Situation als Chance für mehr naturnahe Wälder mit mehr Artenvielfalt und für eine biologisch vertretbare Waldverjüngung. Ähnliche Lehren hat man im Übrigen aus dem großen Fichtensterben - das große Waldsterben der 1980er-Jahre - im Bayrischen Wald gezogen. Der Wald ist trotz aller apokalyptischen Weissagungen einiger "Experten" bisher nicht gestorben und man betrachtet das Absterben der Fichten im Bayrischen Wald heute als eine völlig natürliche und gesunde Form der Waldverjüngung. Die Flächen werden von Pionierpflanzen besiedelt und es entsteht ein abwechslungsreicher Bergmischwald. So profitiert der stark gefährdete Dreizehenspecht von den großen Mengen an Totholz. Er dürfte auch für die nächsten Jahr noch reichlich Nahrung finden, so dass sein Bestand in dieser Region gesichert sein dürfte.

Blick vom Dreisattel (Bayrischer Wald) direkt an der Grenze zum tschechischen Nationalpark Šumava. Totholz so weit das Auge reicht, aber auch Platz für einen Neuanfang - eine natürliche Waldverjüngung - die sich in den nächsten Jahren auszahlen wird. Viele Insekten, Pilze und Flechten profitieren von diesem Lebensraum.

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