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Roadtrip - In 4 Wochen durch Skandinavien (Teil 2)


In Schweden erwischte mich Anfang September bereits der erste Frost, sah den größten Wasserfall des Landes, lernte die schwedische Outlaw-Area kennen und nächtigte inmitten eines Braunbärengebietes. Natur-Reizüberflutung total! Aber jetzt mal langsam der Reihe nach.

Am 04. September erreichte ich gegen Mittag mit der Fähre den Hafen von Göteborg bei allerbesten Schmuddelwetter. Der skandinavische Herbst zeigte was er so regenmäßig zu bieten hat. Noch auf der Fähre erfuhr ich während eines kurzen Gesprächs mit einem Angestellten der Fähre, dass im Spätsommer ein Franzose aus den Pyrenäen mit samt seinem Muli auf dem Weg zum Nordkap sei. Respekt!!! In Göteborg angekommen, sah mein ursprünglicher Plan eigentlich vor, die malerische Westküste von Schweden bei Kungshamn in der Provinz Västra Götalands län zu erkunden. Doch das unfreundliche Wetter machte mir einen fetten Strich durch die Rechnung. Dauerregen, starker Wind und die Wetteraussichten für die nächsten 48 Stunden ließen zudem keinen Optimismus zu. Also die erste Planänderung. In den Abendstunden bezog ich mein Nachtquartier an einem gemütlichen See in einem Waldstück unweit von Munkedal. Obwohl keine 100 km von Göteborg entfernt, war die Stille und die unberührte Natur überwältigend.

Der nächste Tag entschädigte den verregneten Vortag mit versöhnlichen Sonnenschein und angenehmen +12°C. Noch am Morgen erreichte ich den riesigen Vänern-See. Einen Binnensee, zehn mal so groß wie der Bodensee! Im Naturreservat Sunnanå, Dalsland ließ ich mich für ein verspätetes Frühstück bei bestem Wetter nieder und genoss die grandiose Aussicht auf den Vänern-See.

Die nächste Nacht verbrachte ich am Mellan-fryken (See) bei Sunne im Värmland. Meine Fahrt am Vormittag des 06. September führte mich nach Mora. Dort musste ich mir natürlich mal das Werk von Morakniv ansehen. Einem schwedischen Messerhersteller, der tolle Messer für Outdoorfans zu fairen Preisen anbietet. Die folgende Nacht brachte den ersten Frost mit -2°C. Die Sonne tat sich schwer, den zähen Nebel am Morgen im Sumpfgebiet zu vertreiben. Zum Glück hielten mir die frostigen Temperaturen die lästigen Mücken vom Leib, die hier sonst wahrscheinlich auch wie Nebelschwaden den Himmel verdunkelten. Nach dem Frühstück ging es dann weiter in nordöstliche Richtung.

Am Abend erreichte ich den Fulufjället-Nationalpark. Dort befindet sich u. a. auch der größte Wasserfall Schwedens, der Njupeskär. Sein eiskaltes Wasser stürzt 93 Meter in die Tiefe. Auch befindet sich dort eines der ältesten Lebewesen. Die Old Tjikko, eine 9.550 Jahre alte Fichte. Der Baum selbst ist "nur" mehrere hundert Jahre alt, aber dass Wurzelsystem zählt zu den ältesten bekannten Wurzelsystemen dieser Erde. Mein Nachtlager richtete ich mir in einem Gebiet mit dem höchsten Braunbärenvorkommen in ganz Schweden ein. Leider - oder vielleicht auch zum Glück - blieb eine Begegnung mit Meister Petz aus. Die Aussicht von der Anhöhe meines Nachtlagers war unbeschreiblich schön. Genau so hatte ich mir die skandinavische Wildnis vorgestellt. Im Umkreis von vielen Kilometern entdeckte ich nach Einbruch der Dunkelheit nicht eine Lichtquelle. Ich genoss den Abend an einem knisternden Lagerfeuer und mit einem guten Tropfen Rotwein. In der Nacht überraschte mich kein Bär, dafür wieder heftiger Regen, so dass sich unter meinem Feldbett zu meinem Staunen ein kleiner Bach gebildet hatte.

Das unwirtliche Wetter zwang mich erneut zu einer weiteren ungewollten Änderung. Da um mich herum gefühlt ein großer Wasserfall war, beschloss ich in die kleine Provinzstadt Särna zu fahren, um dort dem Wetter für ein paar Stunden zu entfliehen. In Särna machte ich eine interessante Bekanntschaft mit einer ausgewanderten Hamburgerin und erfuhr von ihr, dass diese Region das Zuhause der schwedischen Outlaws sei. Die nächste Polizeistation ist nämlich 130 Kilometer entfernt. Nun wunderte es mich auch nicht mehr, warum niemand auf Geschwindigkeitsbegrenzungen oder auf rote Ampeln achtete. Am nächsten Tag begab ich mich dann endlich in den Fulufjället Nationalpark, um mir die atemberaubende Landschaft und natürlich den Njupeskär-Wasserfall aus der Nähe anzusehen. Je tiefer ich in den Nationalpark eindrang, um so bewusster wurde mir auch die beeindruckende Wildnis und wie unwichtig wir Menschen

in dieser Landschaft eigentlich sind. Sobald ich nur ein paar Schritte jenseits der Pfade machte, stand ich mitten in einer unberührten Natur. Hier läuft alles nach den natürlichen Gesetzen und nicht nach den Vorstellungen unserer Gesetze. Um in dieser Umgebung zu (über)leben, muss man sich voll und ganz mit der Natur einlassen und seinem intuitiven Gefühlen vertrauen können. Nur so hat man hier eine Chance. Hier ist man auf Nachbarschaftshilfe angewiesen und niemand fährt mal so eben zum Shoppen in die nächste Stadt Mora mehr als hundert Kilometer in Jeans und Turnschuhen. Die Winter sind lang und hart. Temperaturen unter -30°C sind hier keine Seltenheit. Auf dem Weg Richtung Östersund durchfahre ich riesige unbewohnte Gebiete, wie man sie sich hier bei uns in Deutschland überhaupt nicht vorstellen kann. Auf endlosen Schotterpisten begegnete mir auf mehr als 60 Kilometer, außer ein paar Rentieren nicht eine einzige Menschenseele. In Deutschland schon auf einem Kilometer fast nicht vorstellbar. Die Nächte blieben nun immer recht kalt und feucht. Im Rückspiegel meines Autos sah ich wie mir ein riesiges Tiefdruckgebiet aus südlicher Richtung drohend wie ein Schatten folgte. Auf einem Verkehrsschild mitten im Nirgendwo las ich den Hinweis "Jokkmokk 320 km". In einem kleinen Dorf stoppte ich zum Tanken. Gleich neben an, ein kleiner Laden, in dem man neben Lebensmittel alles bekommt. Von der Angelausrüstung bis hin zur Outdoorausrüstung war dort alles zu finden. ja selbst die Apotheke befand sich in dem Geschäft. Die einzige im Umkreis von 90 Kilometer übrigens. Am 11.09. kreuzte ich den Polarkreis und erreichte die Hauptstadt der indigenen Bevölkerung, den Samen, Jokkmokk im schwedischen Lappland. Leider holte mich in Jokkmokk das miese Wetter aus Süden wieder ein. Mein nächstes Tagesziel hieß Muddus-Nationalpark.

Der Muddus-Nationalpark liegt zwischen Gällivare und Jokkmokk und besteht zur Hälfte aus Urwald. Die andere Hälfte besteht aus Seen und unzugänglichen Moorgebieten. Mit etwas Glück lassen sich im Park neben Elchen, Rentieren, Biber und Vielfraß auch Bären und Luchse beobachten. Am Eingang des Parks können sich Besucher ausführlich informieren und aus einem Brunnen ihr Trinkwasser entnehmen. Wobei in Lappland fast überall die Bäche, Flüsse und Seen Trinkwasserqualität haben. Auf meiner ausgewählten 16 Kilometer-Route schaute ich mir den dortigen Muddus-Fallet-Wasserfall an und genoss den Tag am Ufer des Stora Lule älv. Zu meiner Freude war ich offenbar allein in dem riesigen Naturpark unterwegs. Lediglich ein schwedisches Wanderpärchen kreuzte meinen Weg. Erst als ich zurück am Parkplatz eintraf, strömte ein Rudel junger Menschen - offenbar eine Schulklasse - mit Sack und Pack in den Park. In Schweden und Norwegen ein vertrautes Bild. Denn dort scheint es gängige Praxis zu sein, den Schülern neben den üblichen Schulfächern, auch Flora und Fauna ihrer Heimat direkt vor Ort zu zeigen. So begegneten mir immer wieder Schulklassen mit ihren Lehrern, die für drei Tage hinaus in die unberührte Natur zogen, um diese hautnah zu erleben. So etwas ähnliches habe ich in Deutschland noch nie gesehen. Höchstens im Sommer, bei angenehmen komfortablen Temperaturen. In Schweden, Norwegen und in Finnland wird so etwas das ganze Jahr über angeboten, natürlich auch im Winter!

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